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Ratten (Rattus norvegicus) als Heimtiere - Verhalten und Haltung

von Dr. med. vet. Eva Haberpeuntner, Ganshofstraße 11, 5020 Salzburg

Die domestizierte Wanderratte erfreut sich großer Beliebtheit als Heimtier. Das Verhalten dieser unterscheidet sich aber kaum von dem ihrer „wilden“ Vorfahren. Deshalb sind Kenntnisse über die Bedürfnisse und über das Verhalten dieser Tierart sehr wesentlich um Haltungsansprüche ableiten zu können sowie Fehler in Haltung und Fütterung möglichst vermeiden zu können.

Ratten sind soziale Tiere:

sie leben in Familienverbänden

sie benützen Futter- und Nestplätze gemeinsam

sie suchen den Körperkontakt zueinander, schlafen gerne zusammen auf einem Haufen (sogenanntes „huddling“).

Daraus ergibt sich: Ratten dürfen nicht alleine gehalten werden. Der Mensch oder andere Tiere können nicht den Artgenossen ersetzen.

Ratten haben Territorien:

Das Territorium eines Wanderrattenrudels besteht hauptsächlich aus den Laufwegen dieser Tiere, den „Duftstraßen“, die mit Urin und Duftsekret angelegt werden. Rudelfremde Tiere werden aus dem Territorium vertrieben. Die Rudelzugehörigkeit wird am Duft erkannt.

Daraus ergibt sich: Auch beim Heimtier Ratte muss damit gerechnet werden, dass die Tiere ihre Laufwege in der Wohnung sowie Gegenstände geruchlich markieren und überall Urintröpfchen hinterlassen. Diese Normalverhalten muss vom Halter akzeptiert werden. Bei der Integration neuer Tiere in eine Gruppe sollte bei Unverträglichkeitsproblemen eine schrittweise Gewöhnung sowie ein Vermischen der Gerüche versucht werden (Nebeneinanderstellen der Käfige, Austausch von Streu, wechselseitiger Käfigtausch, Zusammensetzen auf neutralem Grund....). Im Käfig sollten genügend Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sein und keine „Sackgassen“.

Ratten sind kleine Beutetiere:

... und halten sich daher gerne an geschützten Orten auf. Laufwege befinden entlang von Wänden und Gegenständen (offene Flächen werden kaum betreten). Die Orientierung erfolgt mit ihren Vibrissen entlang von Strukturen. Sie versuchen Ruhe- und Kotorte räumlich zu trennen. Sie benutzen Nistmaterial für ihre Schlafräume.

Folgerung: Ratten brauchen einen strukturierten Lebensraum (Rückzugs- und Unterschlupfmöglichkeiten). Das Anbieten von Gradienten (hell-dunkel, warm-kalt, weich-hart,...) gibt den Tieren Wahlmöglichkeiten und eine bessere Bedürfnisbefriedigung.

Ratten sind nachtaktiv:

Sie sind an ein Leben in der Dämmerung angepasst. Eine zu hohe Lichtintensität wird von Ratten als unangenehm empfunden.

Folglich muss das Ruhebedürfnis der Tiere tagsüber akzeptiert werden, allerdings passen sich viele Ratten an den Aktivitätsrythmus des Tierhalters an. Stets müssen aber abgedunkelte ruhige Rückzugsbereiche vorhanden sein.

Domestizierte Ratten sind „neugierig“:

Im Gegensatz zur „Wildform“ meiden domestizierte Ratten keine Neuerungen, sondern erkunden und nutzen sie sogleich.

Daraus ergibt sich, dass Ratten Möglichkeiten brauchen, Neues zu erkunden. Sogenannte „Abenteuerspielplätze“ eigens für Ratten im Käfig gestaltet, sind dazu hervorragend geeignet.

Wie bei allen Tieren sind eine artgerechte Haltung- und Fütterung die besten Voraussetzungen für ein starkes Immunsystem und daher eine geringere Anfälligkeit für Erkrankungen. Dies wird z.B. besonders bei der bei Ratten sehr häufig vorkommenden Atemwegserkrankung durch Mykoplasmen deutlich. Jeglicher Stress (und dazu gehören auch fehlerhafte Umweltbedingungen) können diese Erkrankung immer wieder zum „Aufflackern“ bringen.

In Narkose konnte der Zahn gezogen und die Wunden am Kiefer und an der Haut chirurgisch versorgt werden. Unter Analgesie und Antibiose heilten die Wunden rasch ohne Komplikationen ab.